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Bilanzpolitik

Unter Bilanzpolitik versteht man die bewusste und zweckorientierte Einflussnahme auf einen Jahresabschluss sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Sicht innerhalb der gesetzlich zulässigen Möglichkeiten (legale Bilanzpolitik). Bilanzpolitik wird mit dem Ziel eingesetzt, die an den Abschluss anknüpfenden Rechtsfolgen als auch das Verhalten der Adressaten im Sinne des Bilanzierenden zu gestalten.

Bilanzpolitik kann als Mittel zur Steuerung der mit einem Jahresabschluss in Zusammenhang stehenden Konsequenzen sowie als Instrument der Informationspolitik zur Lenkung des Verhaltens aktueller und potentieller Unternehmensinteressenten verstanden werden.

Trotz der Komplexität der Betrachtung und der diversen Bestandteile der Bilanzpolitik hat sich der treffendere Begriff Rechnungslegungspolitik nicht durchgesetzt. Folgende Bestandteile werden berücksichtigt:

  • Jahresabschluss (Erfolgs-)Bilanz,
  • Gewinn- und Verlustrechnung)
  • Eigenkapitalspiegel
  • Kapitalflussrechnung
  • Segmentberichterstattung
  • Anhang
  • bei Kapitalgesellschaften auch Lagebericht

Zu den Primärobjekten in der Bilanzpolitik gehören neben den von der Rechtsform abhängigen gesetzlichen Bestandteile des handelsbilanziellen Jahresabschlusses und eines möglicherweise zu erstellenden Lage- oder Zwischenberichts auch eine Ertragssteuerbilanz sowie eine Vermögensaufstellung. Aufgrund des Zahlungsstromcharakters der Kapitalflussrechnung gehört diese nicht zu den Objekten bilanzpolitischer Maßnahmen.

Zu den Sekundärobjekten der Bilanzpolitik zählen ergänzende Nebenrechnungen wie:

  • Sozialbilanzen
  • Segmentberichterstattung
  • freiwillig gewährte Informationen (Aktienbriefe, Pressemitteilungen)

Unabhängig von dem zu Grunde liegenden Rechnungslegungsnormensystem gilt die entsprechende Betrachtungsweise. Somit kommen neben den nach HGB erstellten Einzel- und Konzernabschlüssen zunehmend auch die nach internationalen Normen (IFRS, US-GAAP) aufgestellten Konzern-Jahresabschlüsse in den Fokus der Bilanzpolitik.

Bilanzpolitik ist kein statischer sondern in zeitlicher Hinsicht ein dynamischer Prozess. Hier können die sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen schon vor dem Bilanzstichtag beginnen. Sie werden mit den Jahresabschlussarbeiten fortgesetzt und intern mit Aufstellung des Jahresabschlusses beendet. Aber auch nach diesem Zeitpunkt können bilanzpolitische Anpassungsmaßnahmen stattfinden. Dies kann der Fall sein, wenn der Abschlussprüfer bzw. der Aufsichtsrat Änderungen wünscht oder wenn noch besonders wichtige wertaufhellende Tatsachen eingebettet werden sollen.

Die Grenzen der Bilanzpolitik werden durch die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gesetzt. Dies bedeutet, dass der Unternehmer dazu verpflichtet ist, einmal ausgeübte Wahlrechte auch in der Folgezeit auszuüben (§ 252 I Nr. 6 HGB). Ferner muss er die angewandten Bewertungsmethoden im Anhang offen legen (§ 284 II Nr. 1 HGB) und die Abweichungen zum Vorjahr angeben und erläutern (§ 284 II Nr. 3 HGB). Wenn die Wertansätze in der Bilanz oder GuV kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Unternehmenslage vermitteln (§ 284 II 2 HGB) muss der Unternehmer auch hierüber im Anhang darüber informieren.

Die wesentliche Grenze in der Bilanzpolitik besteht darin, dass eine Vielzahl der bilanzpolitischen Ansatzpunkte nur einmal grundlegend ausgeübt werden kann. In den folgenden Perioden kommt es dann zu gegenläufigen Effekten. Es handelt sich daher um Periodenverschiebungen.

Die folgende Abbildung zeigt die unterschiedlichen Formen der Bilanzpolitik mit Hilfe der Unterscheidung nach Sachverhaltsgestaltung und –abbildung.

Lexikon | bilanzpolitische Instrumentebilanzpolitische Instrumente

Im Rahmen der Sachverhaltsgestaltung („Window Dressing“) versteht man u.a. folgende Maßnahmen:

  • Die zeitliche Vor- und Nachverlagerung von GeschäftsvorfällenHierzu gehört etwa eine verzögerte Fertigstellung von langfristigen Bauprojekten zur Verlagerung der Gewinnrealisierung in spätere Perioden. Aber auch durch eine Vor-/Nachverlagerung von Reparaturen kann eine zeitliche Verschiebung erzielt werden.
  • Umkehrbare GestaltungsmaßnahmeZu dieser Möglichkeit gehören Rechtsgeschäfte des „Sale-and-Lease-back-Verfahrens oder aber auch die Veräußerung von Vermögenswerten zur Aufdeckung stiller Reserven.
  • Originär bilanzpolitisch motivierte HandlungenHierzu gehört beispielsweise die Einleitung von Maßnahmen, die nach dem Bilanzstichtag wieder rückgängig gemacht werden. Dies könnte etwa die Rückzahlung eines Bankkredits mit einer späteren Wiederaufnahme sein.

Beispiel                                                                 

Möglichkeiten der Sachverhaltsgestaltung:

  • Verkauf nicht betriebsnotwendiger Grundstücke
  • zeitliche Verlagerung von Lieferungen und Leistungen in das alte/  neue Geschäftsjahr
  • nach dem Bilanzstichtag vorgenommene Zuführungen oder Entnahmen aus den Rücklagen für Zwecke der Ausschüttungs- oder Dividendenpolitik

Im Rahmen der Sachverhaltsabbildung unterscheidet man zwischen formeller und der materiellen Bilanzpolitik. Bei der formellen Bilanzpolitik wird konkret Einfluss auf den Ausweis der Vermögens- und Kapitalstruktur und bei der materiellen Bilanzpolitik auf das Periodenergebnis genommen.

Der Begriff der formellen Bilanzpolitik bezieht sich auf die Gliederung, Struktur sowie den Erläuterungen im entsprechenden Jahresabschluss und dem Lagebericht.

Folgende bilanzpolitische Instrumente können entsprechend der logischen Abfolge (nach Bilanzierungsentscheidung) eingesetzt werden:

  • Bilanzentscheidung – kann ein bestimmtes Objekt oder ein konkreter Vorgang dem Grunde nach in der Bilanz aufgenommen werden
  • Bewertungsentscheidung – Beimessung eines konkreten Wertes
  • Ausweis- und Gliederungsentscheidung – Ausweis in der Bilanz
  • Erläuterungsentscheidung – ob und in welchem Ausmaß müssen einzelne Sachverhalte und Vorgänge im Anhang oder Lagebericht erläutert werden

Ziel der Gewinnverwendung und der daraus abgeleiteten Politik ist es, den zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Gewinn durch rücklagenpolitische Maßnahmen so zu regulieren, so dass dieser den Zielen der jeweiligen Unternehmensleitung wie zum Beispiel Kapitalsicherung, Selbstfinanzierung oder Dividendenstabilisierung gerecht wird.

Nach den Vorschriften des Aktiengesetzes können Vorstand und Aufsichtsrat einer AG bis zu 50 % einen nach § 58 AktG korrigierten Jahresüberschusses in die anderen Rücklagen einstellen. Die Hauptversammlung beschließt dann über die Verwendung der restlichen 50 % des Jahresüberschusses.

Wenn die Geschäftsleitung eine möglichst geringe Ausschüttung des verbleibenden Jahresüberschusses anstrebt, kann dieses beispielsweise durch eine entsprechende Präsentation des Unternehmens durch negative Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Hauptversammlung erreicht werden, so dass dann folglich die Aktionäre eine gemäßigte Ausschüttung beschließen.

 

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