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Vorstellungen

Vorstellungen sind wahrnehmungsartige Prozesse ohne einen entsprechenden sensorischen Input. Ferner sind Vorstellungen subjektiv erfahrbare Phänomene: Die Person erzeugt bestimmte Vorstellungsinhalte, die in dem Moment nur in ihrem Kopf existieren (sogenannte Repräsentationen), jedoch reale sensorische und perzeptive Erfahrungen nachahmen können. Das Produkt der Vorstellung kann eine authentische Sinneswahrnehmung oder perzeptuelle Erfahrung sein. Neben der Intentionalität ist ein wichtiger Aspekt des hier verwendeten Vorstellungsbegriffes die Bewusstheit. Im Kontext bewegungsbezogener Vorstellungen hat man es in der Regel mit intentional regulierten Prozessen und mit bewussten Vorstellungsinhalten zu tun. Dadurch unterscheiden sich Vorstellungen von Träumen oder Tagträumen.

Vorstellungen kommen in unterschiedlichen Wahrnehmungsmodalitäten vor: visuell, akustisch, kinästhetisch, gustatorisch oder olfaktorisch. Dies bedeutet, dass man sich mit allen Sinnen bestimmte Situationen intensiv vorstellen kann. Die dazugehörigen Farben, Geräusche, Empfindungen oder Ausdrücke erscheinen dabei vor dem inneren Auge. Solche Sinneseindrücke können aber auch so eng mit Situationen und Handlungen verbunden sein, dass deren Wahrnehmung bestimmte Vorstellungen hervorruft.

Bewegungsvorstellungen werden durch ihren spezifischen Inhalt und die Modalität gekennzeichnet. Kinästhetische Bewegungsvorstellungen weisen Bewegungsgefühle auf, die denen bei der Ausführung der Bewegung entsprechen. Visuelle Bewegungsvorstellungen umfassen einen filmartigen Ablauf der Bewegung. Je nach Bewegungsaufgabe ergeben sich Unterschiede im spezifischen Inhalt und in der Gewichtung der Sinnesmodalität. 

Vorstellungen, verstanden als interne Repräsentation der äußeren Welt, haben handlungssteuernde Funktion. Der griechische Philosoph Epiktet (um 50 bis 138 n. Chr.) erkannte, dass menschliches Handeln intern von Vorstellungen reguliert wird. Er schrieb: „Nicht die Dinge selbst, sondern die Sicht der Dinge beeinflusst menschliches Handeln.“ Dieser Ausspruch gilt noch heute als eines der Grundprinzipien der Sozialpsychologie: Jeder Mensch konstruiert sein eigenes Bild von der (sozialen) Welt. In Abhängigkeit von diesem subjektiven Bild entstehen Gefühle, Gedanken und Bewertungen, in Abhängigkeit davon handelt man. Handeln wird also nicht durch eine direkte Erfahrung der objektiven Welt, sondern durch die Konstruktion eines subjektiven Modells der gegebenen Situation, in Epiktets Worten durch die Sicht der Dinge, beeinflusst und gesteuert. Somit wird verständlich, dass Prozesse der Vorstellungsregulation für das Handeln von größter Wichtigkeit sind. Situations- und anforderungsgerechte Vorstellungen ermöglichen den Entwurf eines Handlungsplans sowie die Strukturierung der Handlungsausführung und können damit die Handlungsausführung vereinfachen und deutlich verbessern.

Von dem Wissen über Vorstellungsregulation profitiert man seit langem im Sport. Viele Spitzenathleten trainieren nicht nur körperlich, sondern auch mental, um Geist und Körper zu synchronisieren. Mentale Prozesse sollen durch Synchronisation ausgeführte Bewegungen unterstützen. Vorstellungen können gezielt dazu eingesetzt werden, Gedanken und Wissen so zu strukturieren, dass man sie bei Bedarf ohne großen Aufwand direkt abrufen kann. Je genauer im Vorstellungsprozess die zum situationsspezifischen Handeln notwendigen Schritte ausgearbeitet sind, je detailreicher und zuverlässiger also die mentale Landkarte ist, desto effektiver lässt sich ein Handlungsentwurf in die Tat umsetzen. Mentales Training versteht Vorstellungen als innere Navigationssysteme und setzt diese gezielt ein.

Der Zusammenhang zwischen einer Vorstellung von etwas (ob real oder irreal) und einer direkten Körperreaktion, die diese Vorstellung hervorruft, wird ermöglicht durch Spiegelneuronen. Wer sich mit allen Sinnen vor dem inneren Auge seine Lieblingsspeise ausmalt, der wird feststellen, dass er bald realen Hunger verspürt oder dass sich Speichel im Mund bildet, als ob diese Mahlzeit in greifbar Nähe und real vor ihm stünde. Andersherum haben Menschen mit einer Arachnophobie (Spinnenangst) von diesen kleinen Tieren eine gewaltige innere Vorstellung. In der Vorstellung von Angstpatienten ist die Spinne in aller Regel überdimensional groß. Die innere mentale Landkarte führt hier das ganze Köper-Geist-System in die Irre und auch zu unnützen Fehlreaktionen.

Vorstellungen beeinflussen bewusst oder unbewusst unser Handeln: Sie können dazu eingesetzt werden, Gedanken und Wissen so zu ordnen, dass man bei Bedarf schnell und ohne großen Aufwand darauf zurückgreifen kann.

Angemessene Vorstellungen können die Handlungsausführung verbessern. Je präziser die notwendigen Handlungsschritte im Vorstellungsprozess herausgearbeitet werden, desto wirksamer lässt sich der entworfene Plan in die Tat umsetzen.

 

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